Der Ameisenbär

20022009

Da es in der Rund­hüt­te letz­te Nacht sehr heiß und sti­ckig war, beschlie­ßen Nico und ich, die­se Nacht drau­ßen zu schla­fen. Die Hit­ze ist aber nur der eine Grund. Der ande­re ist, dass man uns erzählt hat, dass Nachts manch­mal ein Amei­sen­bär in das Camp käme. Den wür­den wir natür­lich unheim­lich ger­ne sehen…

Also hän­gen wir unse­re Hän­ge­mat­ten kur­zer­hand ein­fach zwi­schen zwei Bäu­men hin­ter den Hüt­ten auf. Zum Schutz gegen Mos­ki­tos kom­men noch noch unse­re Net­ze darüber. 

Der Amei­sen­bär macht sich über die Bier­fla­schen her

Mor­gens, kurz vor fünf wer­de ich von einem Geräusch wach. Nico ist offen­bar auch schon wach und sogar schon auf den Bei­nen. Ich höre, wie er mir zuflüs­tert – schau Dir das an – der Amei­sen­bär! Der Licht­ke­gel sei­ner Stirn­lam­pe wan­dert den Boden ent­lang. Ich kann gera­de gar nichts sehen, denn ich muss mich erst ori­en­tie­ren. Ich dre­he mich also in der Hän­ge­mat­te und ver­su­che das Tier mit Hil­fe mei­ner Stirn­lam­pe aus­fin­dig zu machen. Nichts zu sehen. Ich fra­ge mich, war­um Nico die gan­ze Zeit auf mich leuch­tet und nicht auf den Amei­sen­bär. Ich flüs­te­re: leuch­te doch mal dahin wo er ist, damit ich ihn sehe! Und er ant­wor­tet: das tue ich doch schon die gan­ze Zeit!

Wo ist er nur?

Und plötz­lilch begrei­fe ich – er ist genau unter mir! Und jetzt höre ich auch schmat­zen­de Geräu­sche. Ich beu­ge mich run­ter und sehe, wie er mit sei­ner lan­gen Zun­ge die Res­te aus unse­ren lie­gen gelas­se­nen Bier­fla­schen schlürft… Ein ech­ter Fein­schme­cker also! :-)

Ich sage zu Nico, wor­auf war­test Du noch, mach Fotos! Aber das muss ich ihm gar nicht sagen, er hält erst auf mein ver­dutz­tes Gesicht und dann auf dem Amei­sen­bä­ren. Jetzt, wo er so dicht an mir dran ist, fra­ge ich mich schon, ob er wirk­lich so fried­lich ist, wie er aussieht?

Jeden­falls muss ich drin­gend sehen, dass ich aus der Hän­ge­mat­te raus kom­me. Aber das ist gar nicht so ein­fach, so lan­ge der da direkt unter mir ist. Nico ist immer noch am foto­gra­fie­ren. Dem Amei­sen­bär stinkt das Gewu­sel um ihn her­um offen­bar etwas. Er woll­te doch eigent­lich nur enspannt sein Bier­chen trin­ken! Jeden­falls geht er nun suchend zum nächs­ten Baum. Bier allei­ne schmeckt ja ohne ein biss­chen Knab­ber­zeug recht fade, und so macht er sich jetzt, qua­si als klei­nen Zwi­schens­nack, über eine Amei­sen­stra­ße her, die sich den Baum hoch zieht. Mir gibt das die Gele­gen­heit, end­lich aus der Hän­ge­mat­te zu steigen.

Eine Amei­sen­stra­ße muss als Snack dran glauben…

Als ich mich raus­ge­kämpft habe, lau­fe ich erst­mal zu mei­nem Ruck­sack und hole mei­ne eige­ne Kame­ra. Als ich zurück bin, hat er von den vie­len tro­cke­nen Amei­sen wohl wie­der einen mäch­ti­gen Bier­durst bekom­men. Er streift also wei­ter umher und ent­deckt kurz dar­auf er eine Kis­te an der Außen­wand der nächst­ge­le­ge­nen Hüt­te, hier lagert noch wei­te­res Leer­gut. Hier ver­mu­tet er offen­bar noch den einen oder ande­ren Drink. Aber die Fla­schen lie­gen da wohl schon recht lan­ge und so ist da anschei­nend nichts mehr drin. Ich glau­be, er fin­det das gar nicht cool – die Amei­sen krat­zen immer noch im Hals und er braucht drin­gend etwas zum Nachspülen. 

Ob hier wohl noch etwas ist?

So ein Mist denkt er sich – «dar­an kön­nen ja eigent­lich nur die zwei Typen, die ihn jetzt schon seit bestimmt 10 Minu­ten mit ihren Lam­pen und die­sem Blitz­ge­dings­bums ner­ven, schuld sein. Die haben bestimmt alles aus­ge­trun­ken und mir nichts mehr übrig gelassen!»

Gut, damit hat er wohl nicht ganz unrecht – aber des­halb muss er ja nicht gleich…

Er kommt jetzt jeden­falls direkt auf mich zu, stellt sich auf die Hin­ter­bei­ne und ich bin mir nicht sicher, aber irgend­wie sieht er jetzt gar nicht mehr so drol­lig son­dern eher unfreund­lich und ziem­lich aggres­siv aus. Ich sage «Nico, ich glau­be, wir haben ein Pro­blem!» – «Nico???» – ich dre­he kurz um, soweit es mög­lich ist, ohne den Amei­sen­bä­ren ganz as den Augen zu las­sen. Nico ist weg. Aus dem Augen­win­kel sehe ich eine Bewe­gung oben auf dem Baum, an dem eben noch die Amei­sen­stra­ße war. Der wird doch nicht… Aber er ist. Denn jetzt höre ich auch sei­ne Stim­me von da oben. Er ruft: mach, dass Du hier hoch kommst!

Witz­bold. Ich habe jetzt alle Hän­de damit zu tun, mir den Bären vom Leib zu hal­ten. Auf­grund der schlech­ten Beleuch­tung ist das alles nicht so ein­fach. Jedes Mal wenn ich mich umschaue, ist der Amei­sen­bär im Dun­keln und ich sehe nicht, ob er mich angreift.

Jeden­falls geht er jetzt dro­hend auf mich zu und faucht mich an. Wenn ich mich jetzt umdre­he, zu dem Baum lau­fe und ver­su­che, da hoch­zu­klet­tern, beißt der mich mit Sicher­heit in den Hin­tern oder atta­ckiert mich mit sei­nen schar­fen Krallen…

Tja, was bleibt mir ande­res übrig, als in die Offen­si­ve zu gehen.
Kschsch… Nee? Hau ab!!! Hmm… Vai! Anda­le, anda­le… Wie­der nichts. Das ver­steht er offen­bar alles nicht, son­dern faucht nur noch lau­ter. Mit rein ver­ba­ler Aus­ein­an­der­set­zung kom­me ich offen­bar lei­der nicht wei­ter. Aber ist das nicht auch bei Men­schen so? Ab einem gewis­sen Alko­hol­pe­gel ist alles Reden sinnlos…

Was bleibt mir also übrig. Und bit­te ver­steht mich jetzt nicht falsch, ich wür­de nie vor­sätz­lich einem Tier etwas zu lei­de tun. Ich lie­be Tie­re und die­sen hier mag ich eigent­lich auch. Aber es ist nun mal so, dass die­se Amei­sen­bä­ren alles ande­re als harm­los sind. Sie haben an den Vor­der­pfo­ten drei wirk­lich mes­ser­schar­fe ver­län­ger­te Klau­en, die sie in sol­chen Situa­tio­nen auch gegen Men­schen ein­set­zen. Mit denen möch­te ich wirk­lich kei­ne nähe­re Bekannt­schaft machen. Und die­ser hier ist dazu auch noch ange­trun­ken. Wie gesagt, es fällt mir nicht leicht, aber schluss­end­lich bleibt mir gar nichts ande­res übrig, als ihm freund­lich aber bestimmt eins auf die Zwölf zu geben. 

Nicht so stark, dass es ihn umhaut, aber so, dass er jetzt kei­ne Lust mehr auf eine Aus­ein­an­der­set­zung mit mir hat und sich miss­mu­tig trollt. Puh!

Nor­ma­ler­wei­se sind Amei­sen­bä­ren eher fried­lie­bend und ver­schwin­den, wenn sie genervt sind oder sich bedroht füh­len. Bei die­sem lag das Pro­blem viel­leicht an sei­nem gestör­ten Ver­hält­nis zum Alko­hol. Wenn wir vor­her gewusst hät­ten, dass der Alko­ho­li­ker ist, hät­ten wir unse­re Fla­schen natür­lich außer­halb sei­ner Reich­wei­te versteckt… :-)

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